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SkyECC vor dem EuGH – ein Schritt in die richtige Richtung

Am 16. September 2025 hat der französische Kassationsgerichtshof (Cour de Cassation) einen Beschluss gefasst, der für viele laufende Strafverfahren in Europa von großer Bedeutung ist. In dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 24-84.262 hat das höchste französische Strafgericht dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen zur Vereinbarkeit der französischen Rechtslage mit dem Unionsrecht vorgelegt.

Worum es geht

Die Ermittlungen gegen Nutzer des Kryptodienstes SkyECC haben in zahlreichen EU-Mitgliedstaaten zu Anklagen und Verurteilungen geführt. Ausgangspunkt dieser Verfahren waren Datenerhebungen, die französische gemeinsam mit französischen und belgischen Behörden auf Grundlage von französischen Gerichtsbeschlüssen vorgenommen haben. Anschließend wurden die Daten über europäische Ermittlungsanordnungen (EEA) an andere Staaten übermittelt – auch nach Deutschland.

 

Das Problem: Vor deutschen Gerichten – wie auch in den Niederlanden, Belgien und anderen europäischen Ländern – konnten Betroffene bislang nicht überprüfen lassen, ob die französischen Maßnahmen in Bezug auf ihre Person rechtmäßig waren. Die Gerichte sahen für die französischen Beschlüsse wegen des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung (Art. 82 AEUV) nur einen sehr eingeschränkten Prüfungsmaßstab. Das widerspricht jedoch dem Grundsatz, dass jeder Betroffene ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf hat (Art. 14 Abs. 1 RL-EEA).

 

In Frankreich wurden die Beschwerden von ausländischen Betroffenen bislang von den Instanzgerichten immer als unzulässig zurückgewiesen, weil sie nicht unmittelbar Betroffene bzw. Beschuldigte in dem französischen Ermittlungsverfahren waren. 

Unser Vorgehen als Joint Defense Team

Gemeinsam mit meinen JDT-Kollegen Justus Reisinger (Niederlande) und Guillaume Martine (Frankreich) habe ich bereits vor fast zwei Jahren einen Weg gesucht und dann eingeschlagen, um den fehlenden Rechtsschutz für unseren Mandanten herauszustellen.

  

Um den dargestellten Teufelskreis zu durchbrechen, haben wir für den deutschen Mandanten in Frankreich Rechtsmittel eingelegt – mit dem klaren Ziel, die Rechtmäßigkeit der französischen Ermittlungen in Bezug auf seine Person überprüfen zu lassen. Unser Kernargument: Die gesamte Operation war rechtswidrig nach französischem und europäischem Recht. 

 

Gestützt haben wir uns dabei u.a. auch auf eine Entscheidung des Cour de Cassation aus Juni 2025. Dort wurde klargestellt: Digitale Ermittlungen mit grenzüberschreitender Wirkung sind nur zulässig, wenn die betroffenen Staaten informiert werden. Bei SkyECC ist genau das nicht geschehen.

 

Das Pariser Berufungsgericht erklärte das Rechtsmittel unseres Mandanten im Juni 2024 für unzulässig; dagegen haben wir Kassationsbeschwerde erhoben.

Die Entscheidung des Cour de Cassation

Mit Beschluss vom 16. September 2025 hat der Kassationsgerichtshof nun entschieden, die Sache dem EuGH vorzulegen. Die Richter in Paris haben ausdrücklich hervorgehoben, dass die Antwort aus Luxemburg „erhebliche Konsequenzen“ haben könne – nicht nur für weitere Nichtigkeitsanträge in Frankreich, sondern auch für zahlreiche Verfahren in anderen Mitgliedstaaten, in denen Menschen auf Grundlage von SkyECC-Daten in Haft sitzen.

Was das bedeutet

Damit steht erstmals die Möglichkeit im Raum, dass der EuGH die Grundfrage klärt: Ist es mit dem EU-Recht vereinbar, wenn Betroffene keinen wirksamen Rechtsbehelf gegen die Datenerhebung in Frankreich haben?

 

Für uns als Verteidiger ist dieser Schritt von größter Bedeutung. Wir werden das Verfahren vor dem EuGH fortführen – im Interesse unserer Mandanten in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und darüber hinaus.

 

Die in Rede stehende Rechtsfrage, wie kann Frankreich einen effektiven Rechtsschutz im Sinne der EEA-RL für ausländische Betroffen gewährleisten, deren Daten durch eine Europäische Ermittlungsanordnung an andere europäische Staaten übermittelt und jetzt als Beweise verwendet werden, gilt ebenso für EncroChat, sodass diese Vorlagefragen zehntausende Betroffene in ganz Europa unmittelbar betreffen.

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Presserklärung vom 17.09.2025
Presseerklärung_JDT_SkyECC_EUGH.pdf
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